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Immer der Muschel entlang II

  • Autorenbild: Carlito Thormann
    Carlito Thormann
  • 13. Jan. 2022
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 16. Dez. 2022

So weiter gehts! Hier kommt der zweite Teil meiner Reise.


05.10.2021


Früh am Morgen verließ ich mein Hostel. Ich ließ meine Schlüssel an der unbesetzten Rezeption und begann offiziell meine erste Etappe. Ich hatte eigentlich vor, mir ein Frühstück zu kaufen, aber ich hatte irgendwie nicht daran gedacht, dass der spanische Tagesablauf, und somit auch die Zeiten an denen gegessen wird, nicht mit meinem übereinstimmen. Keine Bäckerei oder ähnliches hatte offen. Die Sonne war zugegebenermassen noch nicht aufgegangen. So gab ich mich mit einem Kaffee zum Mitnehmen zufrieden. An diesem Morgen konnte nichts an meiner Motivation rütteln. Endlich war ich unterwegs! Endlich lief ich auf dem Camino del Norte!


Die erste Stunde führte mich der Weg der Küste entlang. Als er dann wieder etwas vom Meer weg führte, passierte das Unvermeidliche: Ich verlor den Weg und verlief mich. Dabei wurde ich offenbar schnell auffällig, den zwei Autofahrer hielten an, um mir zu erklären, wo ich lang gehen sollte. Wenige Meter später erkundigte sich dann auch ein junger Mann, ob ich Hilfe nötig habe. Mit all dieser Hilfe war ich dann auch flott wieder auf dem markierten Weg angekommen.


Es ging eine Weile bergauf und innerhalb einer Stunde war ich in einem kleinen Wald und danach auf einem Küstenweg. Es fing an zu regnen, was die groben Steine im Weg etwas gefährlicher gestaltete, aber auch das konnte meiner Motivation nichts anhaben.


Dann kam ein Problem auf. Ich war so ungestüm aus meinem Hostel aufgebrochen, dass ich vergessen hatte, meine Wasserflasche zu füllen. Nach mehreren Kilometern machte sich dann der Durst spürbar. Glücklicherweise entdeckte ich dann einen kleinen Brunnen. Nach diesem Tag vergaß ich nie wieder, an meine Wasservorräte zu denken.


Die erste Etappe war nur 13 Kilometer lang, so dass ich relativ früh in Orio ankam. Ich kaufte mir in einem kleinen Laden einen Vorrat an Süßigkeiten und ein spärliches Mittagessen. Die Pilgerherberge öffnete erst am Nachmittag. Deshalb setzte ich mich unter einen Dachvorsprung und ass.


Da kam ein anderer Pilger vorbei, dem ich noch mehrmals begegnen würde, Jürgen aus Deutschland. Jürgen war ein großer junger Mann, dessen Arme voller Tattoos waren. Er erinnerte mich wegen seiner Statur irgendwie an einen Ringer, weshalb ich ihm in meinem Kopf den klangvollen Spitznamen Jürgen the German gab.


Nach meinem Mittagessen begab ich mich ins Tourismusbüro, wo ich meinen ersten Stempel abholte. Diese würden am Ende im Pilgerbüro in Santiago als Beweis dienen, dass ich wirklich den ganzen Camino del Norte gelaufen war.


Nach einem Besuch in einem Kaffee checkte ich dann zum ersten Mal in einer Pilgerherberge ein. Ich fühlte mich sofort wohl. Ich wusch meine Socken von Hand, nahm eine Dusche und ruhte mich dann eine Weile aus.


Nachdem ich nochmals in der Stadt gewesen war, um Essen und Lesenachschub zu kaufen, machte ich mir in der gemeinsamen Küche mein Abendessen. Dieses teilte ich dann mit einer Pilgerin, die Cristina hieß und aus Prag kam. Während meines Gesprächs mit ihr erfuhr ich, dass ich im Vergleich zu ihr dann doch sehr gut vorbereitet war. Sie erzählte mir, dass ihr Rucksack über 13 Kilo wiege. Da waren unter anderem ein ganzes Kilo Datteln dabei. Zum Vergleich: Mein gepackter Rucksack, inklusive Essensvorräte und voller Wasserflasche, erreichte ungefähr ein Gewicht von sieben Kilo. Das war das letzte Mal, dass ich Cristina sah. Ich hoffe heute noch, dass sie ihre Reise nicht aufgeben musste.



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